Umfang und Grad von Open Access in Open GLAM-Institutionen

Douglas McCarthy
Open GLAM
Published in
6 min readNov 14, 2020

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Worker checking bottles on the assembly line at the Thatcher Glass Manufacturing Company in Tampa, November 1966. State Library and Archives of Florida, Public Domain Mark

Vor zwölf Monaten haben sich Andrea Wallace und ich auf eine Mission begeben, um herauszufinden, wie viele Kulturerbeinstitutionen ihre digitalen Bestände zur freien Wiederverwendung zur Verfügung stellen und wie sie dies tun.

Mein dritter Beitrag zur Open-GLAM-Bestandsaufnahme befasst sich mit dem Umfang und dem Grad von Open Access und zeigt auf, dass diese Facette für ein umfassendes Verständnis von der Open-Access-Landschaft wesentlich ist.

Beispiele für einen offenen Zugang

Wie ich in einem früheren Beitrag beschrieben habe, erfasst die Open-GLAM-Bestandsaufnahme all solche Kulturerbeinstitutionen weltweit, die Open Access umsetzen. Allerdings handelt es sich oft um singuläre Phänomene, die von den Leser*innen jedoch nicht mit einer institutionsübergreifenden Open-Access-Politik der jeweiligen Institution gleichgesetzt werden sollten.

Wie es von einer Bestandsaufnahme — die sich von kleinen regionalen Archiven bis hin zu nationalen Museen erstreckt — zu erwarten ist, variiert das Volumen der von den untersuchten Institutionen offen zugänglich gemachten Daten enorm: von einigen hundert bis hin zu Hunderttausenden digitalen Objekten. Das gilt auch für den Umfang und den Grad von Open Access: der Anteil der Bestände einer Kulturerbeinstitution, die für eine Open-Access-Veröffentlichung in Frage kommen und tatsächlich zu Open-Access-Bedingungen freigegeben werden.

Um diese Nuancen in den Fokus zu rücken, sollen zwei in der Bestandsaufnahme berücksichtigten Institutionen, die hinsichtlich des Umfangs und der Größenordnung ihrer Open-Access-Praxis ganz unterschiedliche Ansätze vertreten, analysiert und miteinander verglichen werden.

1. Museums Victoria

Museums Victoria Collections’ ist das Sammlungsportal der australischen Museen Victoria. Es bietet Zugang zu mehr als einer Million Datensätze aus dem Bereich der Natur- und Geisteswissenschaften. Museums Victoria hat die rechtlichen Werkzeuge der Creative Commons übernommen, und die Sammlungswebsite ermöglicht es den Benutzer*innen, ihre Suchergebnisse nach ‘Bildlizenz’ zu durchsuchen und zu filtern.

Source: Museums Victoria Collections, accessed 29 April 2019

Mit dieser Filterfunktion ist es möglich zu sehen, welche rechtlichen Hilfsmittel die Museums Victoria zur Kennzeichnung ihrer digitalisierten Sammlungen verwenden. Wenn wir unsere Suchergebnisse so verfeinern, dass nur Open-Access-Bilder angezeigt werden, wird deutlich, dass die Museums Victoria überwiegend die Public Domain Mark und die CC BY-Lizenz verwenden:

Source: Museums Victoria Collections, accessed 29 April 2019

In Hinblick auf das Prinzip der Lizenzverwendungen scheinen die Museums Victoria zum einen die Public Domain Mark für 2D-Bilder ihrer nicht urheberrechtlich geschützten Werke (Beispiel) zu nutzen und zum anderen die CC BY-Lizenz für Fotografien von 3D-Objekten (Beispiel) und solche Materialien, für die andere rechtliche Einschränkungen bestehen.

Wir können daher mit einiger Gewissheit sagen, dass die Museums Victoria ihre digitalisierten Sammlungen wann immer möglich zu Open-Access-Bedingungen veröffentlichen.

2. Victoria and Albert Museum

Die ‘Search the Collections’-Website des Victoria and Albert Museum bietet Zugang zu 783.605 Bildern der Sammlungen des Museums. In ‘Search the Collections’ werden die rechtlichen Werkzeuge der Creative Commons nicht verwendet, und wie bei den Sammlungs-Websites vieler Museen ist es nicht möglich, die Ergebnisse zu durchsuchen oder zu filtern, um Bilder von Objekten anzuzeigen, von denen das Museum glaubt, dass sie nicht (mehr) urheberrechtlich geschützt sind. Wenn wir jedoch den Datumsfilter verwenden, um uns nur Objekte anzeigen zu lassen, die vor 1900 hergestellt wurden, können wir eine Annäherung an die Gesamtheit jener Objekte erreichen, die wahrscheinlich gemeinfrei sind.

Sources: V&A Search the Collections and Europeana Collections, accessed 29 April 2019

Auf der ‘Search the Collections’-Website wird erklärt, dass das Kuratorium des Victoria and Albert Museum das Urheberrecht an allen ‘Online-Inhalten’ besitzt, einschließlich der Bilder, der redaktionellen oder beschreibenden Texte sowie anderer Medien (natürlich unter Beachtung der Rechte anderer Urheberrechtsinhaber*innen).

Das kostenlose Herunterladen von Bildern für nicht-kommerzielle Zwecke ist für solche Abbildungen von Objekten gestattet, die nach Ansicht des V&A nicht urheberrechtlich geschützt sind. Der entsprechende Prozess beinhaltet, dass die Benutzer*innen in der unten dargestellten Weise eine Reihe von Kästchen ankreuzen und die Bedingungen des Museums anerkennen müssen:

Making a large image request for Sta. Giustina at Padua by John Robert Cozens (1752–1797) at V&A Search the Collections, accessed 29 April 2019

Angesichts dieser Urheberrechtspolitik des Museums stellt sich die Frage, warum das V&A überhaupt in der Open-GLAM-Bestandsaufnahme aufgeführt ist. Die Aufnahme des V&A ist auf die Veröffentlichung von 10.000 Bildern mit einer CC BY-Lizenz in der Europeana zurückzuführen, die im Rahmen einer Beteiligung am Europeana Fashion Project entstanden. Die nachstehende Grafik zeigt diesen Fall in einem breiteren Kontext der Lizenzierungspraxis des V&A:

Sources: V&A Search the Collections and Europeana Collections, accessed 29 April 2019

Umfang von Open Access in der Open-GLAM-Bestandsaufnahme

Wie diese gegensätzlichen Beispiele zeigen, unterscheiden sich die Institutionen der Open-GLAM-Bestandsaufnahme sowohl in der Art und Weise als auch in dem Gültigkeitsbereich der Open-Access-Politik und -Praxis stark voneinander. Museen, die einige der in Frage kommenden Daten zur freien Weiterverwendung zur Verfügung stellen, tun dies in der Regel, wenn sie an einem spezifischen Projekt oder einer Aktivität beteiligt sind. Über den Aufgabenbereich solcher Projekte hinaus, kann es vorkommen, dass Kulturerbeinstitutionen für die Mehrheit ihrer digitalen Sammlungen weiterhin restriktive Richtlinien verwenden.

Um diese Ungleichheiten in der Bestandsaufnahme hervorzuheben, haben wir (in der Tabellenspalte F) ‘Open Access Scope’ (Umfang / Grad von Open Access) eingeführt, um anzugeben, ob eine Kulturerbeinstitution unserer Meinung nach einige oder alle in Frage kommenden Daten zu Open-Access-Bedingungen zugänglich macht. (Im Kontext der Umfrage bedeutet ‘in Frage kommende Daten’ digitale Surrogate von gemeinfreien, musealen Objekten, bei denen eine Urheberrechtsfrist für das materielle Objekt abgelaufen ist oder nie existierte).

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass es schwierig ist, diese Informationen zu erkennen, da Kulturerbeinstitutionen sie nur selten kommunizieren: Institutionen, die ihre Open-Access-Politik explizit darlegen, wie z.B. das schwedische Nationalmuseum oder das Cleveland Museum of Art, bilden die Ausnahme. Immer wenn Andrea und ich uns über Umfang und Grad der Öffnung der Bestände einer Kulturerbeinstitution unsicher waren, haben wir ‘einige in Frage kommende Daten’ ausgewählt. Aber wir sind dankbar für Korrekturen, die diesen (und jeden anderen) Aspekt der Bestandsaufnahme betrifft.

Dementsprechend wird für die beiden oben genannten Beispiele der ‘Open Access Scope’ (Umfang / Grad von Open Access) für die Museums Victoria mit ‘alle in Frage kommenden Daten’ und für das V&A mit ‘einige in Frage kommende Daten’ aufgeführt.

Column F ‘Open Access Scope’ in the Survey of GLAM open access policy and practice, Andrea Wallace and Douglas McCarthy, accessed 29 April 2019

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass es schwierig ist, diese Informationen zu erkennen, da Kulturerbeinstitutionen sie nur selten kommunizieren: Institutionen, die ihre Open-Access-Politik explizit darlegen, wie z.B. das schwedische Nationalmuseum oder das Cleveland Museum of Art, bilden die Ausnahme. Immer wenn Andrea und ich uns über Umfang und Grad der Öffnung der Bestände einer Kulturerbeinstitution unsicher waren, haben wir ‘einige in Frage kommende Daten’ ausgewählt. Aber wir sind dankbar für Korrekturen, die diesen (und jeden anderen) Aspekt der Bestandsaufnahme betrifft.

Hier ist der Gesamtüberblick über den Open Access Scope, den Umfang und Grad von Open Access, entsprechend des aktuellen Standes der Bestandsaufnahme:

Source: Survey of GLAM open access policy and practice, Andrea Wallace and Douglas McCarthy, accessed 29 April 2019

Schlussfolgerung

Die im Rahmen der Open-GLAM-Bestandsaufnahme durchgeführten Analysen zeigen, dass der Umfang der in den Institutionen in Frage kommenden und zu Open-Access-Bedingungen veröffentlichten Daten sehr unterschiedlich sein kann und schwer messbar ist. Weiterführende Forschung und Instrumente, die quantitative Analysen erleichtern und neue Erkenntnisse ermöglichen, wären sinnvoll. Es wäre auch hilfreich, wenn Kulturerbeinstitutionen den Umfang ihrer Open-Access-Praxis besser dokumentieren und kommunizieren würden.

Der Umfang und der Grad von Open Access ist eine wichtige Nuance — ein bedeutendes Detail — wenn wir die Open-GLAM-Landschaft betrachten. Dieses Detail soll jedoch nicht als implizite Kritik an den institutionellen Richtlinien verstanden werden: Kulturerbeinstitutionen, die ‘einige in Frage kommende Daten’ zu Open-Access-Bedingungen zugänglich gemacht haben, haben bereits erste wertvolle Schritte zu einer umfassenderen Öffnung unternommen.

Fürsprecher*innen von Open Access in Kulturerbeinstitutionen sind oft durch konkurrierende institutionelle Prioritäten behindert, haben mit technischen Barrieren zu kämpfen und verfügen oft nicht über die nötige Unterstützung und die Ressourcen, um Open Access in ihrer Organisation zu realisieren. Um hier weiterzukommen, müssen sie ermutigt und unterstützt werden.

Wenn Sie Fragen zu der Bestandsaufnahme haben, kommentieren Sie bitte hier oder kontaktieren Sie mich oder Andrea via Twitter.

Dieser Artikel wurde von FRANZISKA LATELL übersetzt und ist unter Namensnennung 4.0 International (CC BY 4.0) lizensiert.

Ursprünglich veröffentlicht am 2. Mei 2019 unter https://medium.com.

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Douglas McCarthy
Open GLAM

Museums, digital & open access specialist | Editor of Open GLAM Medium | Co-author of bit.ly/OpenGLAMsurvey